Andacht am 09.02.2013, Diakon Martin Strecker

Liebe Gäste, liebe Mitarbeitende,

monatelang hat das Vorbereitungsteam auf den heutigen Tag hin organisiert und verhandelt – hat Neuerungen durchgespielt und verabredet, Bewährtes beizubehalten. Und nun ist es so weit, die Vesperkirche Ludwigsburg ist für die nächsten drei Wochen für alle offen. „Miteinander für Leib und Seele“ – dieses bewährte Leitmotto steht wieder über allem.

„Städte bestehen nicht aus Straßen und Plätzen, sondern aus Menschen und ihren Hoffnungen.“  - So beschrieb der Kirchenvater Augustin bereits um das 4. Jahrhundert den Kern einer Stadt. „… nicht Straßen und Plätze, sondern Menschen und ihre Hoffnungen“.
Das entspricht so gar nicht unserer heutigen Wahrnehmung: In den Städten dominieren die Straßen mit unzähligen Autos; Häuser – derzeit herrscht ja wieder ein ungeahnter Bauboom, weil in unserer Region Wohnungsmangel herrscht. – Zu den Bereichen, die unsere Städte ausmachen zählen heute natürlich auch die Wirtschaft, die Betriebe und der Handel. Ihre Steuern entscheiden über das Wohl und Wehe einer Stadt.
Um die Entwicklung der Städte zu steuern, muss bewusst geplant werden. Es wird Städteplanung betrieben – mal mit mehr, mal mit weniger geglückten Konzepten.

Mit der Entwicklung der Städte hat sich über die Jahrhunderte auch eine eigene Lebensweise entwickelt. Eine urbane Lebensweise. Städte standen für Fortschritt, Kultur, Lebensqualität und Wohlstand. Manchmal hat man aber den Eindruck, dass bei den ganzen Entwicklungen der Städte der Mensch aus dem Blick geraten ist. Obwohl am Beginn der Stadtentwicklung die Städte ja von ihren stolzen Bürgern und deren gemeinsamen Interessen geprägt waren. Sie kümmerten sich um ihr Gemeinwesen, die Dinge, die sie gemeinsam angingen. Die gewählten Stadträte stehen noch heute in dieser Tradition. Und die Stadt Ludwigsburg versucht seit einigen Jahren, diese Basis wieder auf einen breiteren Sockel zu stellen. Im Rahmen des Stadtentwicklungsprozesses und ihrer Bürgerbeteiligung wird versucht, möglichst viele Bürger wieder für ihr Gemeinwesen zu interessieren. Das ist eine interessante Entwicklung, insbesondere in einer Zeit, in der die Stadtbevölkerung auseinander driftet, auseinander fällt in ganz unterschiedliche Gruppen – auch in Gewinner und Verlierer.
Augustin geht mit seiner Aussage aber noch einen Schritt weiter: „Städte bestehen nicht aus Straßen und Plätzen, sondern aus Menschen und ihren Hoffnungen.“ – … Menschen und ihren Hoffnungen. An dieser Formulierung bin ich hängengeblieben. Ist sie nicht faszinierend?
Ja, Städte bestehen aus einer Vielzahl und Vielfalt an Menschen mit ihren Möglichkeiten, Chancen, Begrenzungen und eben auch mit ihren Hoffnungen. – Hoffnung auf ein gelingendes, ein besseres Leben.
Drei Wochen lang wollen wir in und mit der Vesperkirche ein Zeichen setzen. Mitten in dieser Stadt, ein Zeichen dafür, dass wir in unserer Stadt gemeinsam unterwegs sind – egal ob gebrechlich, lebensfroh, arm, reich, einsam, zugewandert, traurig oder zuversichtlich und leistungsstark. Diese Stadt ist eine Stadt für alle!

Egal ob Sie als Gast oder als ehrenamtliche Mitarbeiterin oder Mitarbeiter heute hier sind. Sie sind gekommen, um damit zu zeigen: Ich gehöre zu dieser Stadt, wie andere auch. Für diese Sehnsucht nach Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit stehen Sie und steht die Vesperkirche.
Eine solche Sehnsucht oder Hoffnung lebt aber nicht aus sich heraus. Sie braucht Nahrung, ja: einen Grund. In der Vesperkirche sind Sie auch eingeladen, die Kraftquellen für ihr Leben zu entdecken; die Quellen, die Mut machen; die Quellen, die Hoffnung geben.

Diese Kirche steht als Gebäude, mitten in dieser Stadt, für die Quelle unserer Hoffnung, die wir uns nicht selbst geben können, sondern die auf uns zukommt. Von Gott her. Sie wird uns von Gott geschenkt. In der Jahreslosung heißt es „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Diese Hoffnung auf die Vollendung ist die Quelle unserer Hoffnung und trägt uns bereits heute. Uns und unsere Hoffnungen, die eine Stadt ausmachen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!